Tempelhofer Feld

Tempelhofer Feld
Gartenstadt Neu-Tempelhof und der damalige Flughafen Tempelhof auf dem Tempelhofer Feld, Blick von Süden, 2008
Flugzeugaufnahme vom 1. Mai 1933

Das Tempelhofer Feld war ein militärisches Übungsgelände und der Paradeplatz der Berliner Garnison. Es gehörte zum Tempelhofer Oberland auf der Hochfläche des Teltow südlich von Berlin. Das Tempelhofer Feld ist eng verbunden mit der deutschen Militär- und Luftfahrtgeschichte. Mit Ausnahme der Tempelhofer Freiheit auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Berlin-Tempelhof ist es heute bebaut. Seit 2008, nachdem der Betrieb des Flughafens Tempelhof endete, wird der Name Tempelhofer Feld wieder für das Areal zwischen dem Volkspark Hasenheide und der Ringbahn vor allem von Medien und Behörden genutzt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Vom Ackerland zum Exerzierplatz und Kasernengelände der preußischen Armee

Das zwischen den Orten Schöneberg und Tempelhof gelegene Feld, damals auch „Großes Feld“ genannt, wurde bis zum 18. Jahrhundert von Schöneberger Bauern als Ackerfläche genutzt. Unter Friedrich Wilhelm I. wurde es ab 1722 auch als militärischer Parade- und Exerzierplatz sowie als Manövergelände der preußischen Armee verwendet. 1828 kaufte das Militär das Areal auf. Der westliche Teil wurde 1830 an den „Verein für Pferdezucht und Pferdesport“ verpachtet, der eine Pferderennbahn anlegen ließ, die bei den Berlinern sehr beliebt war. Bereits 1841 musste sie der Anhalter Eisenbahn weichen. Westlich der Bahnstrecke wurden nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/1871 die Kaserne und ein Verladebahnhof für das neu aufgestellte 1. Preußische Eisenbahnregiment errichtet, das hier auch einen Übungsplatz erhielt. Parallel zur Bahnstrecke Berlin–Dresden der Berlin-Dresdener Eisenbahn-Gesellschaft wurde bis 1875 eine Militäreisenbahn nach Zossen gebaut, die später bis Jüterbog verlängert wurde. Bald entstanden auch östlich der Bahn ausgedehnte Kasernenanlagen für die Eisenbahnbrigade, die 1890 um das 2. und 1893 um das 3. Regiment erweitert wurde. Schon 1885 war hier die ein Jahr zuvor gegründete Luftschiffer-Abteilung untergebracht worden. 1895–1898 kamen die Dienstgebäude der Landwehrinspektion hinzu.

Auf dem unbebaut gebliebenenen Gelände befand sich der Badesee Schlangenpfuhl. Außerdem nutzten es die Berliner zu Naherholung, Picknick und Sport. Der erste Berliner Fußballverein, der BFC Frankfurt 1885, trug hier ebenso seine Heimspiele aus wie der deutsche Fußballmeister von 1905, Union 92 Berlin. Auch der älteste noch existierende Fußballverein Deutschlands, der BFC Germania 1888, bestritt auf dem Tempelhofer Feld die ersten Spiele.

Luftfahrtgeschichte

Auf dem Tempelhofer Feld wurde ab 1885 Luftfahrtgeschichte geschrieben. Das vom alten Ostbahnhof hierher verlegte „Ballon-Versuchsdetachement“, ab Mai 1886 offiziell „Luftschiffer-Abtheilung“ genannt, ließ hier seinen Ballon Barbara aufsteigen. 1886 machte Leutnant Hugo vom Hagen aus dessen Korb die ältesten bekannten deutschen Luftbildaufnahmen.[1] Als der Deutsche Verein zur Förderung der Luftschifffahrt von 1888 bis 1899 seine vom Meteorologen Richard Aßmann initiierten sogenannten „Berliner wissenschaftlichen Luftfahrten“ durchführte, starteten diese Ballonfahrten überwiegend entweder auf dem Gelände der Luftschiffer-Abteilung oder neben der Charlottenburger Englischen Gasanstalt am nordwestlichen Rand des Tempelhofer Feldes.

Das Tempelhofer Feld war in den 1890er Jahren der Ort, wo Erfinder dem preußischen Militär ihre Flugobjekte vorführten, um finanzielle Unterstützung zu erhalten. 1897 endeten zwei dieser Vorführungen tragisch. Friedrich Hermann Wölfert, dessen Luftschiff bereits 1888 eine Strecke von zehn Kilometern von Cannstatt nach Aldingen zurückgelegt hatte, war der erste, der einen Benzinmotor zum Antrieb verwendete. Am 12. Juni 1897 demonstrierte er sein Luftschiff Deutschland über dem Tempelhofer Feld. Der heiße Motor entzündete jedoch den als Traggas benutzten Wasserstoff. Das in Flammen stehende Luftschiff stürzte ab. Wölfert und sein Assistent Robert Knabe starben. Einige Monate später, am 3. November 1897, fand auf dem Tempelhofer Feld der weltweit erste Flug eines Starrluftschiffs statt. Das Ganzmetallluftschiff aus Aluminium ging auf den Erfinder David Schwarz zurück. Das Luftschiff stellte sich als gut lenkbar heraus und stieg auf eine Höhe von über 400 Metern. Durch einen Antriebsschaden wurde es jedoch manövrierunfähig und ging bei der Notlandung zu Bruch.

Der Ballon Preussen vor dem Aufstieg am 31. Juli 1901

Einige Monate vor dem Umzug der Luftschiffer-Abteilung in die Jungfernheide schrieb das Tempelhofer Feld noch einmal Luftfahrtgeschichte. Das Aeronautische Observatorium Berlin-Tegel war durch Schenkung in den Besitz des Ballons Preussen gekommen, der mit einem Fassungsvermögen von 8400 m³ Gas einer der größten seiner Zeit war. Zur Überprüfung ihrer Messinstrumente wollten die Meteorologen Arthur Berson und Reinhard Süring in möglichst große Höhen vordringen. Mit Unterstützung der Luftschiffer-Abteilung – allein 96 Soldaten hielten den Ballon an 48 Seilen – hob der Preussen am 31. Juli 1901 kurz vor 11 Uhr ab. Auf der dramatischen Fahrt, die beide Aeronauten zeitweise ohnmächtig werden ließ, erreichten sie im offenen Korb eine Höhe von 10.800 Metern. Dieser Weltrekord hatte 30 Jahre Bestand. Aus wissenschaftlicher Sicht war der Aufstieg von Bedeutung für die Entdeckung der Stratosphäre im Jahre 1902.

Bebauung nach 1908

1908 kaufte die Gemeinde Tempelhof dem Militär das Gelände für 72 Mio. Mark ab und gab den westlich des Tempelhofer Damms gelegenen Teil zur Bebauung frei. Um das Vorhaben zu finanzieren, entstand die Aktiengesellschaft Tempelhofer Feld,[2] eine Investorengruppe aus Deutscher Bank und dem Bauunternehmer Georg Haberland. Nach einem Entwurf von Hermann Jansen und Bruno Möhring sollte eine dichte fünfgeschossige Bebauung entstehen. Nach diesen Plänen wurden bis 1914 lediglich 60 Wohnhäuser, vor allem am heutigen Platz der Luftbrücke, gebaut. Dann stoppte der Erste Weltkrieg das Vorhaben. Nach 1920 wurde von Fritz Bräuning eine neue Planung umgesetzt. Es blieb eine hohe Blockrandbebauung. Im Inneren dieses Gebietes, auch als Gartenstadt Neu-Tempelhof bezeichnet, entstand eine aufgelockerte Siedlung mit Doppel- und Reihenhäusern und viel Grün. Mit der Wohnbebauung entstanden auch die Kirche auf dem Tempelhofer Feld (Rundkirche), das St.-Joseph-Krankenhaus und ein Neubau für das Askanische Gymnasium, das zuvor in Kreuzberg ansässig gewesen war. 1936 wurden die Straßen nach bekannten Fliegern des Ersten Weltkrieges wie Oswald Boelcke, Manfred von Richthofen und Werner Voß umbenannt.

Bereits 1896 war an der Prinz-August-von-Württemberg-Straße, dem heutigen Columbiadamm, eine Militär-Arrest-Anstalt errichtet worden. Von 1918 bis Ende der 1920er Jahre wurde sie als Polizeigefängnis genutzt. Ab 1933 war hier zuerst ein Gefangenenlager der SS und der Gestapo und von 1934 bis 1936 ein reguläres Konzentrationslager, das KZ Columbia.

Flughafen Berlin-Tempelhof

US-amerikanische C-47 Bomber auf dem Flughafen Tempelhof im Jahre 1948.
Hauptartikel: Flughafen Berlin-Tempelhof

Der erste Motorflug auf dem Tempelhofer Feld fand bereits 1909 statt. Vom 4. bis 20. September führte Orville Wright auf dem Feld Demonstrationsflüge durch, bei denen er unter anderem einen Höhenweltrekord von 172 Metern aufstellte und erstmals einen Passagierflug von 1:35 h Dauer absolvierte. Im Oktober führte Hubert Latham (1883–1912) den ersten Streckenflug über einer Stadt vom Tempelhofer Feld über Rixdorf und Britz zum Flugplatz Johannisthal durch.

Die Geschichte des Flughafens Tempelhof begann 1922, als auf Betreiben des Stadtbaurats Leonhard Adler und auf Kosten der Firmen Junkers und Aero Lloyd am Nordrand des Tempelhofer Felds ein Stück Land planiert wurde. Bereits 1923 wurden insgesamt 100 Starts und Landungen mit 150 Passagieren und 1300 kg Fracht durchgeführt. Am 19. Mai 1924 wurde die Berliner Flughafen-Gesellschaft mbH gegründet, die den weiteren Ausbau des Flughafens betrieb. In zwei Bauabschnitten wurde der Flughafen bis 1928 fertig gestellt, erwies sich aber schon damals als zu klein. 1934 wurde durch den Architekten Ernst Sagebiel eine Erweiterung geplant. Von 1936 bis 1941 entstand das neue Flughafengebäude.

Das Flughafengebäude wurde spätestens ab 1940 ausschließlich von der Rüstungsindustrie benutzt, unter anderem zur Herstellung und Wartung der berüchtigten Sturzkampfbomber. Tausende Zwangsarbeiter beiderlei Geschlechts aus ganz Europa wurden deswegen hierher verschleppt. Ihre Lager und Unterkünfte befanden sich auf dem gesamten Feld.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Flugbetrieb im August 1945 wieder aufgenommen. Besondere Bedeutung erlangte der Flughafen während der Berlin-Blockade von 1948 bis 1949. Die Versorgungsflugzeuge landeten teilweise im 90-Sekunden-Takt. 1970 wurde der Flughafen nach dem Bau des Flughafens Tegel zunächst für den zivilen Luftverkehr geschlossen, 1985 aber wieder geöffnet. Aufgrund des Baus des Großflughafens Berlin-Brandenburg International (BBI) wurde der gesamte Flugbetrieb 2008 endgültig eingestellt. Ein hiergegen initiiertes Volksbegehren scheiterte im Volksentscheid am 27. April 2008 letztlich am Zustimmungsquorum.

Tempelhofer Freiheit

Öffnung des Tempelhofer Feldes für die Öffentlichkeit im Mai 2010.
Hauptartikel: Tempelhofer Freiheit

Am 8. Mai 2010 wurde der ehemalige Flughafenbereich zunächst unter dem Namen „Tempelhofer Park“ für die Allgemeinheit geöffnet. Heute trägt das Gelände den Namen „Tempelhofer Freiheit“ und ist die größte Parkfläche Berlins. Die Frage der weiteren Nutzung des Geländes und einer eventuellen Bebauung war und ist derzeit Gegenstand intensiver politischer Auseinandersetzungen.

Literatur

  • Werner Hegemann: Die Rettung des Tempelhofer Feldes. In: Wasmuths Monatshefte für Baukunst. Jahrgang 8 (1924), Heft 11/12, urn:nbn:de:kobv:109-opus-9218, S. 333–345. (Mit 28 Abbildungen)
  • Nikolai Roskamm: Die Utopie des Nichts – zur Transformation des Tempelhofer Feldes in Berlin. In: dérive, Zeitschrift für Stadtforschung. Nr. 42 (2011), S. 4-10.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Markus Becker: Berlin von oben. Die ersten Luftbilder Deutschlands, Spiegel Online, 26. April 2006, abgerufen am 7. Mai 2010
  2. Aktie der AG Tempelhofer Feld aus dem Jahr 1911 bei Effektenwelt, abgerufen am 13. März 2009
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